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54  Kunst KULTUR
               WERBUNG
        ... zweite                                              Kulturell





                  Kamera!                                       betrachtet                                         Andreas Reichebner
                                                                Ein offener Brief von
                                                                SchauspielerInnen und Mit-
                                                                arbeiterInnen des Burgtheaters hat
                                                                es deutlich gemacht, was man ohnehin schon
                                                                geahnt, vielerorts gewusst hat. Demütigende, patriarcha-
                                                                le und autokratische Praktiken sind auch am Theater keine
                                              Hermann F. Fischl   Seltenheit. Ein künstlerischer Enstehungsprozess wird
                                              sammelt Polaroid-  schamlos, oder auch gedankenlos, dazu missbraucht, um
                                              Kameras. Da hätte   seine autoritären Züge zum Vorschein kommen zu lassen,   Foto: Christa Reichebner
                                              weiland Andy War-  sie ungeniert als künstlerisches Genie und Wahnsinn zu
                                              hol eine veritable   deklarieren.
                                              Freude gehabt.    Jovial und überheblich, dann wieder gönnerhaft und
                                                                gnädig, kann man halt leichter aus einer Position des
                                                                vermeintlich Stärkeren, weil hierarchisch Übergeordneten,
                                                                sein - wenn das so war, ein wahres Meisterstück mensch-
                                              In seinen fotogra-  licher Durchtriebenheit und Ekelhaftigkeit. Charakterei-
                                              fischen Werken    genschaften, die von vielen Autoren, wie Moliere, Nestroy
                                              beschäftigt sich   oder Yasmin Reza, humoresk und possenhaft, an die
                                              Fischl mit den    Oberfläche kollektiven Bewusstsein gezerrt wurden. In der
                                              Möglichkeiten, die   Theater-Realität sind sie scheinbar noch immer gang und
                                              der Schattenwurf   gäbe.
                                              bringt. Zurzeit   Da ist es auch schön zu hören, dass Theater auch anders
                                              zu sehen im       kann. Etwa bei der Akrobatik-, Artisten-Geschichten-Im-
                                              KUNST:WERK        pro-Spaß-Werkstatt mit Benny Barfuß in der Bühne im Hof,
                                              in der Linzerstraße   wo Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die Möglich-
                                              16 (Löwenhof).    keit gegeben wird, die Bühne und alles drum herum als Ort
                                                                der lustvollen Selbstfindung, der kreativen Verortung und
                                                                Festigung seiner Persönlichkeit zu entdecken.
        ... ist der Text der Anfang, es kann auch   seinem Pensionsan-  Oder auch beim Bürgertheater des Landestheaters St.
        sein, dass die  Bilder  im  Kopf früher  da   tritt,  auch beim St.   Pölten, wo ein künstlerischer Entwicklungsprozess demo-
        sind, aber immer geht es nicht nur ober-  Pöltner  Künstler-  kratisch von statten geht.
        flächlich zu, sondern ich versuche auch   bund involviert ist,   Theater, das ja einer ganz speziellen künstlerischen Idee
        mehrere Bedeutungsebenen in meine   ganz  seinem Werk   und meist einer persönlichen Vision entspringt, trägt
        Fotos zu implizieren.” Auch Musik kann   verbunden. Einem   natürlich so manches absolutistisches, herrisches Element
        Grundstein für neue Bilder sein. Da werkt   Werk, das sich in-  in sich, als despotischer und diktatorischer Spielplatz sollte
        der „alte Versuchsmusiker” ganz im Sinne   tensiv  mit  dem  es, genauso wie die Politik und der Sport, im 21. Jahrhun-
        des anarchischen Ausprobierens.     Thema    Schatten,  dert nicht mehr herhalten müssen.
                                            einerseits der Chi-
         St. Pöltner Restwochen             aroscuro-Technik    PS: Ewig schade, dass die NÖ Gemäldegalerie nach Krems abgesie-
        Diesem Grundgedanken verdankte St.   eines  Caravaggio  delt wurde.
        Pölten auch in der zweiten Hälfte der   beschäftigt,  aber
        70-er Jahre die „Restwochen”, einer quasi   andererseits  auch
        Gegenveranstaltung zu den traditionellen   den physischen Schatten der Werkzeuge,   ten Bereich.” Bei seiner fotografischen
        Festwochen. „Da haben wir, der Kienzl,   sprich Kamera, in das Bild miteinbezieht.   Spurensuche kommt es auch vor, dass
        der Lobinger und ich Filme gezeigt, die   Da kommt es dann auch vor, dass der   er mit der Kamera um den Bauch in die
        uns gefallen haben, und Bands, wie die   Schatten des Fotoapparates wesentlich in   Stadt hinausgeht und momentane Auf-
        Hallucination Company mit Hansi Lang   die Bildkomposition miteinbezogen wird.  nahmen, dem Impressionsimus zuträg-
        nach St. Pölten gebracht”, begeistert sich                              liche, temporäre Schnappschüsse fertigt.
        Fischl im Rückblick, „es war ein Ruck für   Figuren als Symbol          Spontane Ausschnitte, die er später noch
        die Jugend nach vorne.”             „Figuren kommen dabei nur als Umriss,   durch Reduzierung auf ein signifikantes
        Etliche „Revolutionen” technischer Na-  als Symbol zur Geltung”, so Fischl, der   Exzerpt zu einer ausdrucksvollen Bild-
        tur hat sich der St. Pöltner Fotokünstler,   dem Querformat, initiiert vom Dia, treu   sprache vollendet.
        auch knapp vor seinen StudentInnen, zu   geblieben ist. „Ich weiß, was ich tue”, ist er   Dass er seiner fotografischen Leiden-
        eigen gemacht, den Weg von analoger zu   sich seines technischen Wissens bewusst,   schaft auch mit dem Sammeln von Ka-
        digitaler Fotografie durchlebt, und er-  „darum ist mir der Inhalt wichtiger.”  meras, speziell von, dem momentanen
        folgreiche Projekte auch für die Ars Elec-  Auch die Unschärfe ist ein bestimmen-  Bildaufbau holden Polaroid-Fotoappa-
        tronica in Linz gemeinsam mit seinen   der Faktor in den Fotos des St. Pöltners,   raten, frönt, spricht nur für seine konse-
        SchülerInnen von der Graphischen ge-  „ich sehe mit dem Zuschauer mit, scharf   quente Art, mit dem Medium Fotografie
        staltet. Nun ist Fischl, der seit 2011, nach   sehen können wir nur in einem begrenz-  ernsthaft umzugehen.
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