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WERBUNG
Neue Museums-App Kulturell
betrachtet
Basierend auf den Ergebnissen des Forschungsprojekts Andreas Reichebner
„MuseumsMenschen“ der Donau-Universität Krems wur- Solidarisch
de eine Web-App entwickelt, mit der die Besucher*innen
der niederösterreichischen Stadtmuseen auf besondere Fokusiert auf ein Thema, festgehakt,
Weise in Dialog mit den Sammlungen treten können. Die vorher in Gedanken recherchiert, ist diese Ko-
App wurde nun im Stadtmuseum St. Pölten präsentiert. lumne normalerweise in einer halben Stunde ge-
schrieben. Aber diesmal ist vieles anders. Eigent-
Niederösterreich besitzt einige der äl- Donau Uni Krems rich- lich wäre gedacht gewesen, hier über die gute
testen Stadtmuseen Europas. Sie befin- tet zum ersten Mal einen Performance berichten, die Kulturinstitutionen
den sich in allen Vierteln des Landes genauen, wissenschaftlich wie das Landestheater Niederösterreich hinlegen. Foto: Christa Reichebner
und laden mit der Web-App zu einer fundierten Blick auf die Das Theater schaffte mit den Produktionen „Die
Neuentdeckung der Regionen anhand Frühgeschichte der NÖ Schule der Frauen“ oder „Die Nibelungen“ einen
ihrer Museen und darin verwahrten Stadtmuseen. Neben der tollen Einstieg in die Herbstsaison - Theater mit
Schätze ein. Die im 19. Jahrhundert ge- Auseinandersetzung mit Tiefgang, aber auch mit jeder Menge Unterhal-
gründeten Museen spiegeln das enorme eigenen Sammlungsge- tungswert - oder auch die gute konzeptionelle
Engagement der Bürger wider, die als schichte bietet dieses Pro- Handhabe der Bühne im Hof bei ihren gelun-
„Museumsmenschen“ die Sammlungen jekt die Möglichkeit ver- genen Veranstaltungen. Aber es kreisen einfach
begründet, vermehrt, erforscht und ih- gleichbare Institutionen zu viele Gedanken im Kopf. Können viele meiner
ren Mitmenschen und der Nachwelt in kennenzulernen und sich Bekannten und Freund*innen, die im Kunst- und
Publikationen und Ausstellungen nä- mit den unterschiedlichen Kulturbereich - vor und hinter der Bühne - tätig
hergebracht haben. Forschungs- und Samm- sind, die Krise halbwegs unbeschadet überwin-
„Das große Interesse der Museums-Pio- lungsschwerpunkten ver- den? Werden sie jene Unterstützung finden, die
niere für die Natur, die Umwelt, das Kul- traut zu machen. So erhal- sie verdient haben?
turerbe und die Geschichte der eigenen ten wir ein genaues und Hin- und hergebeutelt zwischen Kurzarbeit,
Stadt und Region ist heute so aktuell wie sehr differenziertes Bild Senkung der Umsatzsteuer über Härtefallfonds,
nie zuvor“, unterstreicht Prof. Dr. Anja unserer Museumsland- Überbrückungsfinanzierung, KSVF-Covid-19-
Grebe, Universitätsprofessorin für Kul- schaft! Gleichzeitig wi- Fonds, Fixkostenzuschüssen, NPO-Fonds und der
turgeschichte und Museale Sammlungs- derspiegelt die Geschich- eben veröffentlichten Novelle des KMU-Förde-
wissenschaften an der Donau-Universität te der einzelnen Museen rungsgesetzes, befindet sich die Kulturszene in
Krems und Leiterin des Projekts. „Uns auch die Geschichte der einer Warteschleife. Viele stellen sich die Frage,
interessierte: Wer waren die Museums- einzelnen Kommunen wie das weitergehen soll oder besser, wie das
gründer, welches Wissen besaßen sie, mit und ermöglicht auch hier Ende vermieden werden kann?
welchen Methoden haben sie gesammelt, neue, überraschende Ein- Leser*innen dieser Kolumne dürfte es nicht
wie haben sie die Objekte ausgestellt und blicke!“ freut sich Mag. verborgen geblieben sein, wie sehr der Schreiber
den Besucher*innen vermittelt?“ Thomas Pulle, Leiter des dieser Zeilen den Stellenwert von Kunst und Kultur
„Das Projekt „Museumsmenschen“ der Stadtmuseums St. Pölten. als eine humane und zum Nachdenken anregende
Kraft, die sich aufgrund ihrer hellhörigen Be-
dachtsamkeit auf gesellschaftliche Strukturen als
etwaiges Regulativ inszenieren kann, hoch hält.
Wir befinden uns gerade in einer Zeit, in der wir
diese kritische Auseinandersetzung gegenüber
hoch bedenklichen Entwicklungen in unserer Ge-
sellschaft - Rückkehr in traditionelle Rollenbilder,
Hetze zwischen den Bevölkerungsschichten, das
Gegeneinanderausspielen, der Verlust der Soli-
Foto: Martina Kalser-Gruber der Künstler*innen aufgrund der Krise gegeben
darität - schön langsam verlieren, wo der Raum,
werden kann, sich sukzessive verengt.
In der Schweiz gibt es das Modell, nach welchem
80 Prozent des nach den Einkommenssteuerbe-
mens an Künstler*innen durch eine Zahlung
kompensiert wird. Im Kulturland Österreich
Bei der Präsentation der Museums-App: Ulrike Scholda/Rollettmuseum scheiden der letzten Jahre errechneten Einkom-
Baden, Nicole Fuchs-Sommer/Stadtmuseum St. Pölten, Johannes Tuzar/ verheddern sich Künstler*innen wie in einem
Krahuletzmuseum Eggenburg, Sophie Fessl/ Autorin der App, Anja Grebe/ Spinnennetz.
Professorin Donau Uni Krems , Thomas Pulle, Otto Pacher/Museumsverein Solidarisch sein, das ist das Gebot der Stunde,
Korneuburg, Paul Magg/Stadt Melk, Alfred Kellner/designierter Leiter des diese Krise kann nur gemeinsam überstanden
Fachbereichs Kultur und Bildung Stadt St. Pölten, Ulrike Vitovec/Geschäftsfüh- werden.
rerin Museumsmanagement NÖ und Vizebürgermeister Harald Ludwig.