Page 60 - ausgabe 202004
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Kunst
    60  Urlaub LESER AUF
                       TUR
                 KUL

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               WERBUN
               WERBUNG
                    G
        ... Freiheit!                                                  Kulturell
        dann die Info, dass Bürger aus   die Zusage eines irisch-schot-  betrachtet                                Andreas Reichebner
        Kanada und dem UK jetzt doch    tischen Trios hatte. Jetzt hieß
        einreisen könnten. Weitere zwei   es nochmals alle Presse-Infos   Kunst und
        Wochen später die Nachricht aus   neu, Programmhefte neu, Flüge   Almhütten
        Irland, dass Österreich auf die rote   neu usw. Damit die Tour kein
        Liste gesetzt wurde und Cathie und   finanzielles Fiasko wird, hoffen   In meiner letzten Kolumne war
        John nach der Tour für 2 Wochen in   wir auf jeden zusätzlichen Be-  viel vom Wehklagen angesichts der fehlenden
        Quarantäne gehen müssen. Am 5.9.   sucher!  Während ich diese Zei-  Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur
        dann die „Bombe”! Calum Stewarts   len verfasse, beginnt das große   aufgrund des Lockdowns und der Schließung
        Frau wurde Corona-positiv gete-  Zittern und Bangen, denn mit   von Theatern, Museen und anderer kunstinsze-
        stet, er musste in Isolation, das Trio   der Corona-Ampel steht auch   nierenden Spielstätten zu lesen - wie sehr es   Foto: Christa Reichebner
        konnte nicht kommen. Es folgten   wieder die „Lockdown-Rute”   schmerzt, sich nicht mit künstlerischen Positionen
        36 Stunden ohne Schlaf, bis ich   im Fenster.                  authentisch und hautnah auseinandersetzen zu
                                                                       können. Jetzt sind wir gerade in einer Phase, wo
                                                                       es wieder möglich ist, kulturelle Veranstaltungen
                             Marie Rötzer, Künstlerische Leiterin      zu genießen, die Kunsthäuser in St. Pölten wie
                             Landestheater Niederösterreich:  „Nach    das Landestheater oder die Bühne öffnen im Hof
                             sechs Monaten Theaterpause öffnen wir     wieder ihre Türen und der Spielplan beginnt.
                             endlich wieder unsere Türen. Nach dem     Aber im Hintergrund bleibt leider immer noch
                             Lockdown durch die Corona-Krise und       das erneute Herunterfahren der Veranstaltungen,
                             nach den Sommerferien starten wir mit     deren Einschränkungen insbesonders bei der
                             großer Freude und mit viel Elan in die    gerade wieder stattfindenden erhöhten Infekti-
                             neue Spielzeit. Hinter den Kulissen haben   onsrate - ein unliebsamer Gedanke.
                             wir intensiv ein Sicherheitskonzept für   Vor ein paar Tagen war ich seit Langem wieder in
                             unsere Mitarbeiter*innen, als auch für    einem Musikkonzert, „soap and skin“ im Wiener
                             unser Publikum erarbeitet. Das bedeutet,   Konzerthaus und da verspürte ich dieses unglaub-
                             dass es im Zuschauerraum eine reduzierte   liche Erlebnis einer Live-Performance, dieses
                             Sitzplatzkapazität geben wird, um die     erfüllende Gefühl, hautnah zu verspüren, wozu
                             Abstandsregel einzuhalten, ein Leitsystem   Kunst fähig ist - beglückende, berührende, aber
                             führt  die Besucher*innen sicher zum Platz,   auch aufrüttelnde und konfrontative Momente zu
                             wie überall muss auch im ganzen Theater   erzeugen.
        die Maskenpflicht eingehalten werden. Unser Ensemble wird wö-  Schöne und beglückende Momente durfte ich
        chentlich getestet, um auch die Sicherheit auf der Bühne beim Spiel   heuer auch wieder auf den Almen und Bergen in
        zu gewährleisten. Kurz vor den kommenden Premieren herrscht nun   Österreich erleben. Auch die Natur kann einem
        Hochbetrieb in allen Abteilungen des Hauses. Von den Kostüm- und   so viel geben, das Eintauchen des Körpers in
        Bühnenwerkstätten bis hin zu den Probebühnen, auf denen sich die   Bergflüsse, das Wandern in luftigen Höhen und
        Schauspieler*innen auf die Premieren vorbereiten, herrscht nach so   nicht zuletzt das unbeschwerte, sich manchmal
        langer Zeit wieder Theaterfieber. Am Freitag, 18. September, eröffnen   sogar frei fühlende Liegen und Rasten zwischen
        wir das Theater mit „Molieres Schule der Frauen“, es ist eine über   Felsen oder im Gras - vorausgesetzt, es fährt
        400 Jahre alte Komödie, in der das Verhältnis zwischen Männern und   einem nicht eine*r der vielen verwegenen
        Frauen für uns heute neu untersucht wird. Die bekannte Schauspie-  E-Pedalritter*innen über die Füße, die, ob der Be-
        lerin, Sängerin und Regisseurin Ruth Brauer-Kvam erfindet hochko-  nutzung elektrischer Energie, nun Orte erreichen,
        mische und tieftraurig-poetische Bilder auf der Bühne, inspiriert von   von denen sie bislang nicht einmal zu träumen
        der Commedia dell’arte wie auch von den Stummfilmklassikern der   wagten oder per Lift oder Ähnlichem zu diesen
        20er Jahre. Für unsere kleinsten Zuschauer*innen stecken wir mitten   gebracht wurden.
        in den Vorbereitungen für Mira Lobes „Das Städtchen Drumherum“,   Wie die Ameisen auf der Picknickdecke kreuzen
        ein einfühlsames Theaterstück für Kinder ab 4 Jahren, in dem es um   sie fahrig hin und her, das Fahrrad oftmals tem-
        das Engagement von Kindern für den Erhalt eines Waldes und seiner   porär aus der Kontrolle verlierend über alpinen
        Bewohner geht. Wir wollen außerdem ab Dezember mit allen Bür-  Stock und Stein und beschwören ob dieser
        ger*innen St. Pöltens und Niederösterreichs das 200jährige Jubiläum   Nichtkontrolle viele unschöne Situationen herauf.
        unseres Theaters in St.Pölten feiern. Deshalb gibt es in dieser Spielzeit   Und wären da nicht bei den Alm- und Berghütten
        „Theater für alle“: von den Klassikern, wie Schillers „Kabale und Liebe“   zumeist einfache Holzgatter- und türen, um das
        bis zu Shakespeares „Othello“, von den zeitgenössischen Stücken in   Weidevieh von den Tischen fernzuhalten, würden
        der Theaterwerkstatt bis zu den internationalen Gastspielen, wie Go-  viele der „durchtrainierten“ Pedelec-Reiter*innen
        ethes „Faust“ und Yasmina Rezas „Kunst“ und vieles mehr. Theater ist   wohl dies zum Drive-In verwandeln.
        kein Lebensmittel, aber es ist Nahrung für unser Herz und unsere See-  Ich hoffe, die/der geneigte Leser*in verzeiht mir
        le, so freuen wir uns von Herzen, endlich wieder mit Ihnen, unserem   Fotos: Alexi Pelekanos  diesen kurzen, lästerlichen Ausritt in die Welt
        Publikum alte und neue Geschichten auf der Bühne lebendig werden   der Suderei über possenreißende Gebirgs- und
        zu lassen. Vorhang auf!“                                       Almen-E-Biker*innen.
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