Page 8 - SCHAUrein! 2/2020
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8 Thema HISTORIE WERBUNG
... Maturantin in St. Pölten!
... schulfreien Tagen hatte. Danach stand Rosa Lustig die Studienwelt offen. Und dabei ging sie auch wieder, wie sie in St. Pölten schon beschritt, ungewöhn- liche Wege, denn sie studierte Chemie in Wien. Ein Umstand, der heute leider auch noch nicht als gewöhnlich einge- stuft wird, aber damals war es schlicht ungewöhnlich.
Eigentlich Medizin studieren
Die Medizin interessierte sie allerdings mehr, doch, wie sie selbst 1980 schrieb: „Aber ich konnte den Geruch von Form- aldehyd nicht vertragen, daher auch nicht sezieren, und so wechselte ich zur Chemie.”
Auch beim Studieren war Rosa Lustig meist die einzige Frau unter den Kommilitonen.
Rosa, die im Dezember 1906 geboren wurde, promovierte im
Mai 1931 erfolgreich und hatte
in Folge etliche Jobs, etwa bei
den Österreichischen Chemi-
schen Werken, die im Verbin-
dung mit den IG Farben, einem Zusammenschluss von acht deutschen Unternehmen, die im Zweiten Weltkrieg Zwangsarbeiter*innen beschäftigten und mit dem KZ Auschwitz III Monowitz das erste privat finanzierte Konzentrations-
lager errichteten, standen. Aber davon wusste Rosa natürlich nichts, sie und ihre Familie wurden in den 30-er Jahren aber zunehmend mit den beginnenden Gräueltaten des aufkommendes Rechts- nationalismus und Antisemitismus kon- frontiert. Rosa wird später schreiben: „ ... Menschen, und ich habe es mit meinen eigene Augen gesehen ... haben sich ärger als die Tiere verhalten ... Menschen haben einen alten jüdischen Doktor aus seiner Wohnung gezerrt, ... ihn auf der Straße das Kopfsteinpflaster unter dem Gejohle einer Menschenmenge putzen lassen ... Aber, ich muss fair sein, die Mehrheit hat sich wie menschliche Wesen benommen, ... sich aber nicht gewagt, etwas zu tun.”
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Nach dem Anschluss
raus aus Österreich
Rosa heiratete im Dezember 1935 den Arzt Dr. Ludwig Kubin aus Herzogen- burg und ging mit ihm gemeinsam im Juni 1938, ein paar Monate nach dem Anschluss an Hitlerdeutschland, nach Amerika. Das Familiengeschäft wur- de „arisiert“ (1948 wieder rückgestellt), den Eltern und ihren Schwestern gelang glücklicher Weise die Flucht ins Ausland. Rosa arbeitete lange als Assistenzprofes- sorin für Chemie an der Middlesex Uni- versity und starb 2003 mit 97 Jahren in einem Altersheim in Needham/Massa- chusetts.
Rosa Kubin, eine Frau, die sich in der Män- nerwelt durchzusetzen vermochte.