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10 Urlaub LESER AUF USGRABUNGEN
10 Thema A
WERBUN G
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Stadtarchäologe Ronald „stierlt” in der Vergangenheit herum ...
St. Pölten war für Menschen schon immer ein lebenswerter
Raum, das beweisen die zahlreichen Funde aus den verschie-
densten historischen Epochen. Stadtarchäologe Dr. Ronald
Risy sorgt maßgeblich dafür, dass die Vergangenheit auch ihren
Stellenwert in der Gegenwart hat. Auch wenn sich so mancher
über die „Löcher mit den Skeletten” ärgert.
Dabei dürfte es ja eigentlich keine große Kulturreise und der Maturarei-
Diskussion über Ausgrabungen geben, se nach Griechenland so richtig
denn gesetzlich ist es vorgeschrieben, bei ausbrach. „Wir haben die Rei-
Bauvorhaben archäologische Untersu- sen so angelegt, dass sich die, die
chungen durchzuführen. „Das ist keine sich für nichts interessierten, am
Entscheidung ob jemand will oder nicht, Strand gelegen sind und die an-
es muss so sein”, formuliert es Stadtar- deren haben sich Tempel und so
chäologe Dr. Ronald Risy auf seine tro- Sachen angeschaut, das hat mich
ckene, aber humorvolle Art und Weise. sehr fasziniert”, erinnert sich „St.
Um die 100 Ausgrabungen anlässlich Pöltens Ausgräber Nummer Eins” Dr. Ronald Risy arbeitete bereits 1989 als Student
neuer Bauprojekte hat er schon an den an seine archäologische Initiation. bei Ausgrabungen in St. Pölten mit und ist seit 2010
verschiedensten Orten in St. Pölten gelei- Risy studierte klassiche Archäolo- Stadtarchäologe der Landeshauptstadt.
tet, „und alle haben bauen dürfen.” Risy gie und alte Geschichte.
steht dabei im Spannungsfeld zwischen
dem Denkmalamt (der Behörde), der 1989 das erste Mal bei
Grabungsfirma und dem Bauherren, sieht Grabungen in St. Pölten
seinen Job als Service, sich selbst nicht als Als das Österreichische Archäo-
„Wissenschaftler im Elfenbeinturm”. logische Institut im Zuge der
Obwohl natürlich auch eine unbändige Bauarbeiten am Rathausplatz in
Leidenschaft zur Archäologie dahinter- St. Pölten 1988 wissenschaftlich
steckt. Eine Begeisterung, die beim jun- zu graben beginnt, schließt sich
gen Ronald, geprägt vom Besuch eines Risy ein Jahr später dem Gra-
humanistischen Gymnasiums, bei einer bungsteam an. Und hier lernt er
die spezifische Eigenart des St.
Pöltner Bodens kennen und lie-
ben. „Hier haben wir einen der
schwierigsten Böden, das sagt
auch jede/r Kollege/in, der/die
hier schon einmal war. Die ein- Ansichtskarten mit archäologischen Fundstücken als
zelnen archäologischen Schichten Motiv sind im Stadtmuseum erhältlich. Darunter ist
unterscheiden sich nicht klar von- auch die „schwarze Hexe”, ein tragbares mittelalterli-
einander, hier zu graben ist eine ches Beleuchtungsgerät und ein römischer Zierrat in
besondere Herausforderung, das Gestalt eines männlichen Köpfchens, wahrscheinlich
hat mir getaugt”, so Risy, in dem eine Karikatur.
damals der Traum, die Vision,
„in St. Pölten Stadtarchäologe zu
werden” seine erste Gestalt angenommen ge, gleich betraut mit dem Megaprojekt
hatte. „Mich hat Österreich schon immer Domplatz. „Das schlägt natürlich alles,
mehr interessiert als das Mittelmeerge- hier brachten wir etwa eine Kirche aus
biet, bin eher der Feldarchäologe als der dem 9. Jahrhundert, so haben wir auch
Schreibtischarchäologe. Bin dann in St. dieses Jahrhundert effektiv nachgewiesen,
Pölten immer mehr hineingewachsen, ans Tageslicht, dann der riesige Fried-
habe Ausgrabungen übernommen.” hof, der römische Verwaltungspalast.”
So etwa im Jahre 1991 die Grabungsar- Wenn Risy davon spricht, erwacht seine
beiten in der Steinergasse 2, wo Fun- Begeisterung für die Vergangenheit und
damente zweier römischer Häuser, ein deren Spurensuche. Auch für die kleinen,
Brunnen, mittelalterliche Holzgebäude aber dafür umso aufregenderen Funde.
Nicht nur Skelette kommen am Domplatz und ein römischer Keller mit Keramik So tauchte in einer alten Latrine die so-
zum Vorschein, auch das System einer römi- entdeckt wurden. genannte „schwarze Hexe”, ein tragbares
schen Fußbodenheizung. 2010 wurde Risy dann Stadtarchäolo- Beleuchtungsgerät in Gestalt eines weibli-