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12 Thema AUSGRABUNGEN
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... und lernt
dabei viel kennen!
.. es umso tiefer, ebenfalls bei auftreten- auch die sensationelle Erkenntnis, dass
den speziellen wissenschaftlichen Fra- es Syphilis schon vor der Entdeckung
gen. Amerikas gegeben hat. „Wir haben in St.
Pölten den eindeutigen Beweis erbracht,
Warum gegraben wird? weil an den hier ausgegrabenen Kno-
Was er auf die Frage von Mitmenschen, chen, die auch mit der C-14 Methode be-
warum eigentlich graben, antwortet? stimmt wurden, spezielle Merkmale, die Dort, wo aufgegraben wird, muss archäolo-
„Mit manchen Menschen hat das Disku- einderutig auf Syphilis zurückzuführen gisch gearbeitet und dokumentiert werden.
tieren keinen Sinn, die sind in ihren Mei- sind, entdeckt wurden.”
nungen so eingefahren, anderen versucht
man zu erklären, was die Alternative ist, Geschichte wiederholt sich
mit dem Bagger in die Knochen reinfah- Ob der ständige berufsbedingte Blick, in
ren? Ich versuche dann zu erklären, was die Vergangenheit den des Archäologen in
für ein Potential in den Ausgrabungen die Zukunft trübt? „Man kommt immer
steckt, was man alles dadurch für die Ge- mehr drauf, dass es viele Beispiele gibt, wo
schichte und die Lebensumstände der ein- der gleiche Schmarren, der gleiche Blöd-
zelnen Epochen sinn wieder und wieder gemacht wird”,
er - sagt Risy lachend, „es kann keine Zukunft
ohne Vergangenheit geben, man darf sie
allerdings auch nicht verherrlichen.”
Sein absolutes Steckenpferd, obwohl er ja
von der Ausbildung her „eher ein Grie-
che und Römer ist”, ist die Stadtgeschich-
te: „Das ist mein Ding” und deshalb St. Pölten war historisch gesehen, schon
ist er der geeignete Mann am richtigen immer ein lebenswerter Platz für Menschen.
Schreibtisch. Apropos Schreibtisch, der Daher gibt es auch, speziell innerstädtisch,
erinnert durch die übereinandergelegten eine Menge an Fundmaterial und Skeletten.
Schichten von Unterlagen und Zetteln an
die verschiedenen Grabungsschichten,
Risy die etwa jetzt beim Ausgrabungsprojekt für uns eine Herausforderung gewesen.
sieht sich Karmeliterhof zu Tage treten. Einem Bischof ist es aber sicher nicht so
eher als Feldar- „Das ist auch eine spannende Geschich- schlecht gegangen.”
chäologe, denn als Schreibtischarchäologe. te, da haben wir auch Gräber drinnen, ... Empfindlich reagiert Risy, wenn Geistes-
die verfolgen mich”, erzählt Risy mit ei- wissenschaftler Theorien aufstellen, wie
nem schelmischen Lächeln im Gesicht, jemand aus längst vergangenen Zeiten
fahren kann und außerdem gibt es ein „entweder aus der Völkerwanderung gedacht und funktioniert hat, „das ist
Gesetz, wenn Historisches zerstört wird, oder Frühmittelalter, und wir haben eher eine Anmaßung, denn diese Theori-
muss das untersucht, wissenschaftlich schon einen spätmittelalterlichen Keller en sind geprägt von den Denkmechanis-
dokumentiert werden.” voll mit tollem Keramik-Fundmaterial men aus der Jetzt-Zeit.”
Als Archäologe weiß er dabei, wenn man entdeckt. Der Roßmarkt hieß ja früher
etwas Sichtbares von den Ausgrabungen Hafnergasse, dort waren viele Töpferei-
hinterlässt, die Leute damit besser er- en angesiedelt. Wir haben aber bis dato INFO Ausgrabungen:
reicht werden können. „Trotz aller Pro- nicht gewusst, dass sich diese bis hierhin Seit 2010 wird am Domplatz wissenschaft-
blematik, besonders konservatorischer ausgedehnt haben.” lich gegraben, vermutliches Bauende
Natur, bin ich dafür, dass man einen Außerdem wurden auch schon Teile 2019. Im letzen Jahr (2017) wurden auf
Blick in die Vergangenheit ermöglicht, der Brunnenanlage des Karmeliterin- 356 Quadratmetern 4014 Skelette ausge-
und da gibt es in St. Pölten nicht mehr nenklosters ausgegraben. „Ein schöner graben, davon 52 Prozent Kinder.
viele Möglichkeiten”, spricht Risy die Vi- Querschnitt durch die Stadtgeschichte”, Besondere Funde: „Schwarze Hexe”, trag-
sion eines Raumobjektes am Domplatz, so Risy, der gerne einmal eine Zeitreise bares Beleuchtungsgerät aus Keramik (15.
wo man einen Blick in vergangene Wel- ins Mittelalter machen würde, „aber nur Jhdt.); karikaturhaftes Beinfigürchen, rö- Fotos: SCHAUrein/Medienservice St. Pölten/J.Vorlaufer
ten werfen kann, an, „aber das ist eine zum Reinschauen, denn ich denke, dass misch; fingernagelgroße Taschensonnen-
politische Entscheidung.” keiner von uns da mehr als eine Woche uhr, (16. Jhdt.)
Seit Beginn der Ausgrabungen am Dom- überlebt hätte, von der Konstitution sind Neuestes Großprojekt: Karmeliterhof
platz arbeite man eng mit der Anthropo- wir ja nichts gewohnt, aufgrund der da- Info: Stadtmuseum St. Pölten, Prandtauer-
logie, der Medizin Uni Wien zusammen. maligen hygienischen Bedingungen, str. 2, und www.stadtmuseum-stpoelten.at
Dieser Zusammenarbeit verdankt man wäre schon das Überleben der Kindheit