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32  Gesellschaft SOZIALES
               WERBUNG
        „die möwe”: Kinder und Jugendliche ernst nehmen!








        Gewalt und sexuelle Übergriffe gegen Kinder und Jugendliche sind        „möwe” ist die Unterscheidung  von
        leider allgegenwärtig in unserer Gesellschaft. Daher ist es von un-     Beobachtungen, Wahrnehmungen, dif-
        geheurer Wichtigkeit, im Bedarfsfall auf Unterstützung durch Kin-       fusem Bauchgefühl der Hilfesuchenden
        derschutzzentren, wie „die möwe” in St. Pölten, zurückgreifen zu        und konkreten Übergriffen. Dieser Pro-
        können. Dort wird von einem fachspezifischen Team professionelle        zess ist ein sehr schwieriger, hier hilft die
        Hilfe angeboten. Aber nicht nur das, auch der Präventionsarbeit wird    Erfahrung und die einschlägige Ausbil-
        wesentlicher Raum gegeben.                                              dung.


                                                                                 Gewalt vorwiegend
        Bei ihrer Arbeit im Bereich Kinderschutz   zu lassen”, so die Leiterin des Kinder-  im sozialen Nahraum
        sieht sich das Team der „möwe” nicht nur   schutzzentrums „die möwe” in St. Pölten,     Nach wie vor findet Gewalt, sowohl phy-
        mit sexuellen Übergriffen konfrontiert,   Magª Irene Kautsch.           sische, psychische oder sexuelle, über-
        sondern auch mit körperlicher Gewalt,   Meist  von  ProfessionistInnen  wie  Mit-  wiegend im  engeren Familien-  oder
        psychischer Gewalt und Vernachlässi-  arbeiterInnen in der Schulsozialarbeit,   Bekanntenkreis des Kindes statt. Des
        gung.                               Jugendberatungsstellen, PsychologInnen   gilt vor allem bei jüngeren Kindern. Die
                                            im freien Feld draußen, Kinderpsychia-  Täterinnen und Täter sind dabei enge
         Heikles Thema                      terInnen und KinderärztInnen, die auf-  Verwandte, wie Vater und Mutter, Groß-
        Schwierige und heikle Themen, denn ge-  grund  von  Beobachtungen  und  Wahr-  eltern, Cousin/e, Onkel oder andere Be-
        rade sexuelle Gewalt wird äußerst emo-  nehmungen um Hilfe und Unterstützung   zugspersonen, zu denen Kinder durch
        tional in unserer Gesellschaft behandelt.   bitten, angefordert, gilt es vorerst zu ent-  unterschiedliche Familienkonstellatio-
        „Das Wichtigste ist, sich in Ruhe ernst-  scheiden, ob eine unmittelbare Bedro-  nen, in Abhängigkeit geraten. Das
        haft mit den Themen auseinanderzu-  hung vorherrscht.                   sind etwa Stiefelternteile, Freun-
        setzen,  fundierte  Hilfe  anzubieten,  weil   Eine unmittelbare Bedrohung ist dann   de der Familie oder auch ande-
        speziell das Thema sexuelle Gewalt sehr   gegeben, wenn es konkrete  Verdachts-  re Erziehungspersonen.
        aufgeladen ist, immer zu sehr viel Stress   momente gibt.               Direkte Gewalt oder sexueller
        führt. Wir versuchen hier mit dem The-  Da kommt die Einschränkung der Mel-  Missbrauch durch Fremde ist
        ma jemanden in Sicherheit ankommen   depflicht zur Anwendung.           im Verhältnis dazu eher selten.
                                                      „Wenn es konkrete Hinwei-
                                                      se gibt, wenn wir von einem   Kinder und Jugendliche
                                                      Übergriff wissen und das   ernst nehmen
                                                      Kind ist nicht geschützt, be-  Daher ist es wichtig, Kindern und Ju-
                                                      ziehungsweise  der Elternteil   gendlichen zuzuhören. „Ausssagen von
                                                      kann oder will dieser Aufga-  Kinder sollten ernst genommen werden,
                                                      be nicht nachkommen, dann   das bedeutet aber nicht gleich auf die
                                                      geht die Meldung an die Kin-  Polizei zu laufen. Zuhören und in Folge,
                                                      der- und Jugendhilfe und die   wenn man Vermutungen und Verdachts-
                                                      setzt dann den Schritt,  die   momente oder auch ein diffuses Bauch-
                                                      dementsprechenden Hand-   gefühl hat, sollte man bei kompetenten
                                                      lungen”, so Kautsch.      Menschen Hilfe suchen”, umreißt es Kau-
                                                      Hier kommt es dann auch zu   tsch, die seit mehr als 12 Jahren im Kin-
                                                      einer Anzeige bei der Polizei.   derschutz in St. Pölten tätig ist und nun
                                                      „Es hängt natürlich viel von   für 5 Jahre das Kinderschutzzentrums
                                                      der Falllage ab.”         „die möwe” leitet.
                                                      Ein Drittel der Kontaktauf-  Eine zusätzliche Schwierigkeit bei dieser
                                                      nahmen  mit den Mitarbeite-  heiklen Thematik ist  der  verständliche
                                                      rInnen des Kinderschutzzen-  Wunsch Betroffener, nach schnellen und
                                                      trum kommt direkt aus der   einfachen Lösungen.
                                                      Familie.                  „Es ist dabei nicht mit einer Handlung,
                                                      Vorrangige  Aufgabe  des  die man setzt und dann ist es wieder gut,
                                                      psychologischen  Teams  der   alles getan. Das ist ein prozesshaftes Ge-
                                                                                schehen”, so Kautsch, die mit ihrem Team
                                                                                von der Erstberatung, über die Therapie,  Fotos: SCHAUrein!; fotolia.com/Nichizhenova Elena
                                                      Ein Teil des möwe-Teams:   jedweder anderer psychologischer Un-
                                                      Regina Kopp, die Leiterin des   terstützung bis hin zur Prozessbeglei-
                                                      Kinderschutztentrums Magª   tung, falls es notwendig ist, eine Anzeige
                                                      Irene Kautsch und ihre Stellver-  zu erstatten und ein Gerichtsverfahren
                                                      treterin Eva Brenner, MSc.  anhängig wird, diesen Weg betreuend
                                                                                mitgeht.  Dieser  Prozess  kann  als  Kon-
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